First Date

Die helle Aufregung stand der Schwarzhaarigen deutlich ins Gesicht geschrieben, als sie sich an diesem besonderen Abend noch eine Weile im Spiegel begutachtete, um auch wirklich sicher zu gehen, dass sie für den Abend angemessen gekleidet war. Es kam selten vor, dass Shizuka sich so sehr herausputzt, trug sie doch nun ein blassblaues Abendkleid und hatte ihre Haare zu einer hübschen Hochsteckfrisur zusammen gebunden, sodass ihr Haar hinten noch immer in angemessener Länger herunter wallen konnte, oben jedoch zusammen gesteckt war. Bei der Dichte ihres Haares war das keine Schwierigkeit gewesen, einzig die Länge hatte sie ein wenig genervt, als sie eigenhändig diese Frisur entworfen hatte. Einen letzten Blick warf sie noch in den Spiegel, ehe sie zweimal tief durchatmete, ihre Tasche schnappte und sich auf den Weg zu ihrem ersten Date seit mehreren Jahrzehnten zu machen. Sie hatte viele junge Männer kennen gelernt, doch der, mit dem sie sich heute traf, war jemand, bei welchem sie sich sogar vorstellen konnte, ihn für immer zu lieben. Sie war froh darüber, diese Gefühle ihm gegenüber nicht mehr unterdrücken zu müssen, auch wenn die Beziehung der beiden eine eher geheime Sache war. Vorerst sollte niemand etwas davon erfahren, allein um deren Ruf und ihre Stellung wegen.

Mehrere Gedanken gingen der hübschen Fukutaichou durch den Kopf, bis sie das Restaurant erreichte, in welches Karasu sie heute Abend geleiten wollte. In einer solchen Gegend von Rukongai war sie aufgewachsen, doch wirklich angefreundet hatte sie sich mit den gehobenen Bezirken nie. Nur da, wo man ihre Hilfe brauchte und mit Freuden annahm, fühlte sie sich wirklich wohl, doch für ein Date wäre dieses Restaurant wohl durchaus angemessen. Auch wenn Shizuka bei Karasus Frage, ob sie ihn denn begleiten wolle, fast die Augen herausgefallen wären, freute sie sich nun umso mehr darauf. Nur erwartet hatte sie es nicht so bald. In ihren etwas höheren Schuhen fiel es ihr weniger leicht, schnell zu laufen, weshalb sie länger als gewohnt brauchte, ehe sie den Weg zurück gelegt hatte, doch zeitlich erschien sie sogar noch im angemessenen Rahmen. Sobald sie Karasu erblickte, zauberte es ein Lächeln in ihr Gesicht und sie hob die rechte Hand zum Winken an, während sie auf ihn zulief. Anders als sonst rief sie ihm dieses Mal jedoch kein "Hono-Taichooooooou" entgegen. Es musste ja nicht gleich jeder wissen, dass sie Shinigami waren. Stattdessen schwieg sie, bis sie ihn erreicht hatte und blieb lächelnd vor ihm stehen. Ihr Herzschlag war so laut, dass sie glaubte er könne ihn hören, weshalb sie lieber schnell etwas sagte. "Das ist wahrlich ein sehr schönes Restaurant ... Ich vermute du bist hier öfter?" Gut, das war vielleicht nicht das geeignetste Thema, um dieses Gespräch zum Laufen zu bringen aber immerhin etwas. Und während sie sprach konnte sie sich wenigstens etwas entspannen. Im Moment war von der eigentlich sehr aktive Shizuka nämlich reichlich wenig zu sehen. Dass eine Situation sie so aus dem Konzept bringen konnte hatte sie selbst nie für möglich gehalten.

Zuerst blickte Karasu die Schwarzhaarige eine Weile schweigend an, scheinbar so, als müsse er überlegen, was sie genau sie da eigentlich gesagt hatte, bevor er endlich eine Antwort gab. Wobei man Shizukas Frage schon fast wieder als rhetorisch erachten konnte, da sie die Antwort eigentlich gar nicht unbedingt hatte wissen wollen. Aber sie hörte aufmerksam zu und nickte letztlich nur, wobei das Lächeln auf ihrem Gesicht einem Grinsen wich, als er das Wort "Date" benutzte. Er hatte ja Recht, das hier war ein Date aber aus seinem Mund klang das wahrlich seltsam. "Ich bin bereits mehr als gespannt darauf", entgegnete Shizuka, wobei sie beim Sprechen absolut nicht mehr unsicher klang. Sie hatte sich recht schnell an die neue Situation gewöhnt und genoss diese nun aus vollen Zügen. Anders als Karasu, der doch noch etwas verunsichert klang, zumindest beim Sprechen, wobei Shizuka ein Kichern unterdrücken musste, als er am Anfang des Satzes ein "Ähm" brachte, da dies für den Taichou mehr als ungewöhnlich war. Aber sicher würde sich das auch bei ihm im Laufe des Abends noch legen. Spätestens nach dem zweiten Glas Rotwein und mehreren Stunden Shizuka-Gelabere später. Diese machte derweil große Augen, als Karasu eine einzelne Rose hinter seinem Rücken hervor holte und nahm diese mit Freunden entgegen. "Aww, das ist ja süß, danke!", murmelte sie, wobei ihr Sprechen fast einem erfreuten Fiepen gleichkam.

Sie brauchte nicht an der Rose zu schnuppern um zu wissen, dass sie toll roch, da der Duft ihr selbst von einigen Zentimetern Entfernung in die Nase kroch. Rosen mochten zwar nicht ihre Lieblingsblumen sein aber allein die Tatsache, dass er ihr eine Blume mitgebracht hatte war so untypisch für den Shinigami, dass Shizuka aus dem Lächeln gar nicht mehr heraus kam. Was sie ja sowieso eher selten tat aber im Moment schien es wirklich festgemeißelt zu sein. Anschließend hakte sie sich bei ihm unter und ließ sich in das Innere des Restaurants führen. Zwar kannte sie solche Restaurants, überwältigt war sie dennoch von all den Möbeln, Verzierungen, Bildern und Leuten, die allesamt in feinen Abendkleidern und Anzügen an ihren Tischen saßen, wobei ruhige Musik den Saal durchfloss. Sofort wurden die beiden von einem Kellner mittleren Alters abgefangen, welcher Karasu zu kennen schien, was Shizuka zu mehreren verschiedenen Schlussfolgerungen brachte, wovon eine besagte, dass dieser Mann entweder ein recht hohes Tier war oder er und Karasu sich aus anderen Zeiten kannten oder ... der Taichou einfach schon so oft hier gewesen war, dass jeder Kellner und jede Kellnerin ihn kannten. Er erklärte, dass er einen Tisch im oberen Bereich hervorbereitet hätte, damit sie ungestört sein konnten und Shizuka blinzelte kurz überrascht. War es, damit sie hier unten nicht doch jemand erkannte oder hatte es Karasu tatsächlich der Romantik halber nach oben verschlagen? Nun, sie sollte vielleicht wirklich aufhören so in Schachteln zu denken und ihrem ... Freund in dieser Hinsicht einfach einmal vertrauen.

Ihr Blick wanderte zu dem Kellner, welcher sich nun an sie wandte und ihr ein Kompliment aussprach, wobei die Schwarzhaarige ihm dafür ein umwerfendes Lächeln schenkte. "Vielen Danke. Dieses Restaurant ist aber auch wirklich schön. Sich hierfür nicht herauszuputzen wäre eine Schande." Sie sah zurück zu dem Mann neben ihr, bei welchem sie sich nach wie vor eingehakt hatte und ein leises Kichern verließ ihre Stimmbänder. Keichi hatte Karasu als schüchtern bezeichnet, was dem Kommandanten sicher eher weniger gefiel, doch er verzog keine Mine, nachdem er die Worte wahrgenommen hatte. Den Tipp auf ihr Kleid aufzupassen nahm Shizuka mit Freuden wahr und nahm somit einen Rockzipfel in die freie Hand, um diesen anzuheben und besser die Treppen hinaufsteigen zu können. Oben angekommen staunte sie nicht schlecht. Hier standen weniger Tische, dafür waren jede Menge Kerzen angezündet und die gesamte Atmosphäre hatte etwas überaus romantisches an sich. Mit leuchtenden Augen folgte sie den Herren zu einem Tisch am Ende des Raumes, an welchem Karasu ihr einen Stuhl zurück zog, sodass sie sich darauf niederlassen konnte. Nachdem er sich ebenfalls gesetzt hatte, fragte Keichi nach Getränken und Shizuka brauchte gar nicht lange zu überlegen. "Oh, ich nehme einen halbtrockenen Rotwein und ein Glas Wasser bitte!" Wieder schenkte sie dem Kellner ein Lächeln, bevor sie zu Karasu schielte und darauf wartete, was er bestellen würde.

Nachdem Karasu sein Getränk bestellt hatte und der Kellner davon gezischt war, stellte er Shizuka eine Frage bezgülich ihres neuen Ranges, wobei sie gar nicht lange für eine Antwort überlegen musste. "Tja, also ich kann mich absolut nicht beschweren! Bisher komme ich prima klar, ich meine das Schriftliche ist zwar megalangweilig aber es gibt ja manchmal auch interessantes zu erledigen. Allein schon die Tatsache, dass man andere herumkommandieren kann ist klasse. Nicht, dass ich das ausnutzen würde oder so." Vielleicht hätte er ihr lieber keine Frage stellen sollen, denn sie kam aus dem Sprechen - wie immer - kaum wieder heraus. Bis der Kellner mit den Getränken kam erzählte sie, wie langweilig es war Akten zu sortieren aber wie toll sie es fand, dass jeder sie respektvoll begrüßte, wenn sie durch die Flure der dritten Division spazierte. "Aber irgendwo ist das alles auch noch sehr ungewohnt. Ich meine, neuer Titel, neue Verantwortung, Leute die man vorher gar nicht kannte und die nun meinen einen zu kennen, weil man einen Rang aufgestiegen ist", murmelte sie und zuckte mit den Schultern. Es war tatsächlich so, wie sie sagte. Plötzlich sprachen Leute sie an, die sie nie gekannt und mit denen sie nie etwas zu tun gehabt hatte und waren der festen Überzeugung, sie würden sich schon ewig kennen.

Shizuka hatte mittlerweile zu der Karte gegriffen, wie Karasu auch und blätterte ein wenig darin herum. Keichi stellte derweil die Getränke vor ihnen auf den Tisch ab und ließ sie dann noch eine Weile allein, um ihnen Zeit zu geben sich für ein Gericht zu entscheiden. Wenn es um Essen ging war Shizuka meist absolut nicht entscheidungsfreudig. Vor allem dann nicht, wenn die Karte so verdammt voll war, wie es hier der Fall war. Als Karasu sie fragte, ob sie schon eine Tendenz hätte, blickte sie ihn leicht verstört an. "Nope ... das kann noch ein Weilchen dauern. Und wie stehts mit dir? Schon eine Idee?" Sie war beim Blättern mittlerweile beim Obst angekommen und blätterte direkt weiter, als sie das Wort "Melone" las. Vielleicht sollte sie einfach nochmal von vorn beginnen. Also klappte sie die Karte kurz zu, um sie dann auf der ersten Seite wieder aufzuschlagen. Was passte denn besonders gut zu ihrem Rotwein? Im Grunde ein Stück Wild ... das wäre wohl gar nicht so verkehrt.

Mit hoch gezogener Augenbraue studierte die Schwarzhaarige weiterhin die Karte, während Karasu erzählte. Er war sich sicher, dass sie die Leute der Division kannte? Nun, das war untertrieben. Shizuka war ständig unterwegs - meist ohne dabei ihre Arbeit im Hinterkopf zu haben - und verwickelte wahllos Leute in ein Gespräch. Ihrer offenen Art hatte sie es zu verdanken, dass es nicht viele Leute in der Division gab, die sie nicht kannten, bzw. die sie selbst nicht kannte. Ihr Ruf eilte ihr weit voraus, es blieb nur die Frage, ob der Ruf eher gut oder eher schlecht war. Als er darauf zu sprechen kam, dass sie schon merken würde, wem etwas an ihr lag und wem nicht, sah sie von ihrer Karte auf und schenkte ihm ein Lächeln. "Also bei dir bin ich mir ziemlich sicher es zu wissen", entgegnete sie, nachdem er geendet hatte und blätterte dann in der Karte bis zu der von Karasu angesprochenen Fleischplatte vor. "Mh ... das klingt wirklich gut. Aber ich werde wohl den Hirschbraten nehmen." Sie hatte direkt auf der nächsten Seite nach der Fleischplatte das Thema "Wild" gefunden und der Hirschbraten stand direkt an erster Stelle. Shizuka war ein riesiger Fan von Klößen und Rotkraut. Das war also im Grunde die perfekte Mahlzeit für sie. Als er nach seinem Wasserglas griff und es in ihre Richtung hielt brauchte es nicht lange, bis sie verstand, worauf sie hinaus wollte und hob ihr Weinglas gleichermaßen. "Aber sowas von auf uns!", sprach sie aus, prostete ihm ebenfalls zu und trank dann einen Schluck des Rotweins. Er hatte einen wunderbaren Nachgeschmack und Shizuka wusste bereits jetzt, dass sie davon später noch ein Glas trinken musste.
Kurz darauf erschien der blonde Kellner wieder und fragte, ob sie bereits wüssten, was sie an Speisen bestellen wollten. Shizuka als Dame ging von dem Spruch "Ladies first" aus und gab damit zuerst ihre Bestellung eines Hirschbratens auf. Dann wartete sie auf die Bestellung ihres Liebsten, während sie sich bereits Themen fürs weitere Gespräch durch den Kopf gehen ließ.

Da hatte sie nun endlos lange überlegt, mit welchem Thema sie als nächstes loslegen könnte, brauchte all das letztlich aber gar nicht, da Karasu stattdessen mit einem Thema ankam. War Shizuka sonst normalerweile die erste, die etwas sagte, so schwieg sie dieses Mal und kam auch nicht dazu, etwas zu sagen, nachdem er seine erste Frage gestellt hatte. Stattdessen redete er fröhlich weiter - wenn man das denn als fröhlich bezeichnen konnte - und sie hörte einfach nur zu. Zuerst sprach er vom Strandfest, fragte sie, ob sie denn mit ihm gesprochen hätte ohne zur Vize ernannt worden zu sein, was die Schwarzhaarige leise lächeln ließ. Er machte sich darüber ernsthaft Gedanken? So ernst und erwachsen Karasu sonst auch meist wirken mochte, so hatte er doch auch seine schwachen Momente, in denen er sich Gedanken über genau das machte, wovon er nun sprach. War es das, was Shizuka so an ihm liebte? Mit Sicherheit war es einer der Gründe dafür. Sie brauchte gar nicht wirklich darüber nachzudenken, warum sie ihn liebte und es lag ganz sicher nicht allein daran, dass er sie zur Vize ernannt hatte, dass sie damals mit ihm gesprochen hatte. Die Worte zu ihr überging sie gedanklich einfach und als es schien, als habe er geendet und nachdem der Kellner, der seinen Weißwein gebracht hatte, sich wieder verzogen hatte, räusperte Shizuka sich kurz und lehnte sich dann entspannt zurück. "Es ist mir reichlich egal, wie beliebt oder unbeliebt jemand bei anderen Leuten ist. Meine eigene Meinung ist alles, was zählt, da mögen sonst so viele Finger gegen jemanden zeigen. Wenn er mir sympathisch ist, stehe ich für ihn ein, bis zum Schluss. Dass ich damals mit dir geredet habe hatte nichts mit meiner Ernennung zu tun. Zumindest nicht vorrangig. Ich mag aufgeregt gewesen sein, mich gefreut haben, aber das ändert nichts daran, dass ich hauptsächlich zu dir kam, um mich mit dir zu unterhalten. Du sast einsam aus, wie du da gestanden und auf das Meer geblickt hast." Während sie sprach strahlten ihre Augen und ihre Stimme einen gewissen Optimismus und einen ganzen Haufen Liebe aus. "Schon seit ich zum dritten Sitz ernannt worden war habe ich dich immer wieder beobachtet. Gerade dieses Kühle, Reservierte war interessant, es hat mich dazu veranlasst mehr über dich herausfinden zu wollen. Vermutlich waren meine Gefühle für dich von Anfang an heimlich da, nur habe ich sie nie so stark bemerkt, wie an jenem Abend. Es gibt Leute, die glauben der erste Eindruck würde alles bedeuten, doch ich sehe das nicht so. Auf der Akademie wurde mir gesagt, ich hätte die Gabe tief in das Innerste anderer blicken zu können und mich ihnen anzupassen, ihnen das zu geben, was sie in diesem Moment am meisten benötigen. Und so war es vermutlich auch bei dir, nur dass sich daraus wohl mehr entwickelt hat." Ihre Wangen röteten sich leicht, nachdem sie geendet hatte und auf ihren Lippen lag ein zauberhaftes Lächeln. "Reicht dir das als Grund? Im Übrigen habe ich in deiner Gegenwart einfach das Gefühl ... in Sicherheit zu sein. Ich weiß, dass mir nichts passieren kann, solange du nur da bist. Und das ist nicht nur etwas, was dich als Kommandanten auszeichnet, sondern auch etwas, das mich fasziniert. Aber ich sehe das hier nicht als Experiment an, um Gottes Willen ... das ist mein voller Ernst!"